Die Geschichte des Evangelischen Krankenhauses Paul Gerhardt Stift

Auf einer Feier zum 200. Todestag Paul Gerhardts am 7. Juni 1876 in Gräfenhainichen wird beschlossen, Paul Gerhardt nicht ein Denkmal aus Stein oder Erz zu setzen, sondern ihm zu Ehren in seiner Heimat eine lebendige Arbeitsstätte praktischen Christentums und tätiger Nächstenliebe zu begründen. Dieser Tag gilt als Gründungstag der Paul-Gerhardt-Stiftung.

Die Stifter, aus dem christlichen Bürgertum stammend, sehen aus christlicher Motivation die Notwendigkeit, die pflegerische und medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Stifter sind die 15 Kirchenkreise in den Landkreisen Bitterfeld, Delitzsch, Wittenberg, Torgau, Schweinitz und Liebenwerda. Über sechs Jahre hindurch wird mittels Vorträgen und Spenden für einen gemeinsamen Baufonds gesammelt. 

Am 17. August 1882 erfolgt die Grundsteinlegung zum ersten Bau des Krankenhauses in der Wittenberger Poststraße (heute Fleischerstraße).

Am 4. Oktober 1883 wird das Krankenhaus der Paul-Gerhardt-Stiftung feierlich eingeweiht – mit Platz für 30 Krankenbetten - als „Krankenhaus Paul-Gerhardt-Stift unterm Roten Kreuz“. Das Krankenhaus fühlt sich mit seinen diakonischen Wurzeln schon damals ausdrücklich den Idealen der Genfer Konvention verpflichtet (erster Vorstand: Superintendent Georg Schleußner).

Zur angemesseneren Betreuung chronisch Kranker und Pflegebedürftiger und um als Paul-Gerhardt-Stift der Krankenhausfunktion weiter gerecht werden zu können, wird 1893 als neue Einrichtung eine „Zweigstiftung“, das heutige Seniorenstift Georg Schleusner, gegründet (Vorstand ebenso: Superintendent Georg Schleußner) und 1894 in Betrieb genommen.

Mit dem ersten Erweiterungsbau und der Einrichtung eines modernen Operationssaales 1897 steigt die Zahl der Patienten stetig an.

Das zunehmende Vertrauen der Bevölkerung bringt die Notwendigkeit eines Neubaus des Krankenhauses mit sich. Erster Teil des Neubauvorhabens ist das Diakonissen-Mutterhaus für die Schwesternschaft im Paul-Gerhardt-Stift, das unter dem Namen „Katharinenstift“ (heute Haus 6, Sitz der Geschäftsführung/ Verwaltung) 1907 eingeweiht wird.

Mit Unterstützung des Landkreises und der Stadt Wittenberg wird am 20. Oktober 1910 das neue Krankenhausgebäude an der Paul-Gerhardt-Straße eingeweiht (1915: 90 Betten, 2 Ärzte, eine Oberin, 15 Schwestern, ein Pfleger, ein Sanitäter).

1914 wird in Trägerschaft der Schwesternschaft die öffentlich anerkannte Krankenpflegeschule der Paul-Gerhardt-Stiftung gegründet, die bis heute Aus- und Weiterbildungen für unterschiedliche Pflegeberufe anbietet.

Im März 1921 wird das bis dahin gleichzeitig bestehende städtische Krankenhaus in Wittenberg aufgelöst und das Paul-Gerhardt-Stift durch die Stadt Wittenberg mit der alleinigen Wahrnehmung der Krankenhausversorgung der Stadt vertraglich beauftragt. 

1923 absolvieren erstmals Medizinstudenten im Rahmen ihrer akademischen Ausbildung Praktika im Paul-Gerhardt-Stift.

Aufgrund der raschen Zunahme der Patientenzahl, insbesondere im chirurgischen Bereich, wird 1930 ein neuer Erweiterungsbau abgeschlossen, u. a. zur ambulanten Versorgung chirurgischer Patienten (Ostflügel). Das Krankenhaus (nun ca. 200 Betten) genoss auch zu dieser Zeit einen sehr guten Ruf als moderne medizinische Einrichtung, die durchschnittliche Verweildauer der Patienten lag unter dem Landesdurchschnitt.

Anlässlich des Großunglücks in den Westfälisch-Anhaltinischen Sprengstoffwerken in Reinsdorf am 13. Juni 1935 führt das Paul-Gerhardt-Stift die Versorgung der fast 90 Schwerverletzten durch (ärztliche Leitung: Dr. Bosse).

1939 wird aufgrund ständiger Überbelegung das neue Haupthaus des Krankenhausgebäudes zur Erweiterung der Bettenkapazität fertiggestellt. Zum 1.10.1939 wird mit dem Ev. Diakonieverein in Zehlendorf ein Vertrag zur Absicherung der Pflege im Paul-Gerhardt-Stift abgeschlossen.

1942 wird das Paul-Gerhardt-Stift in der Folge der nationalsozialistischen Politik zwangsweise der Leitung des Oberbürgermeisters der Stadt Wittenberg übertragen.

1948 wird in den Räumen des Krankenhauses die staatliche Poliklinik der Stadt Wittenberg eröffnet, die später als anerkannte Ambulanz des Paul-Gerhardt-Stifts weitergeführt wird.

Das Evangelische Krankenhaus „Paul-Gerhardt-Stift“ wird durch seine hervorragende Medizin und Pflege im Zeichen christlicher Humanität zum führenden evangelischen Krankenhaus in der DDR.

Das allgemeine Interesse am Krankenhaus „Paul-Gerhardt-Stift“ zeigt sich auch durch prominente Besucher: 1953 durch den damaligen Gesundheitsminister Steidtle, 1959 durch leitende Mitarbeiter des Ministeriums für Gesundheitswesen und des Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB) und 1978 durch den damaligen Staatssekretär für Kirchenfragen, Hans Seigewasser.

Für die Patientenversorgung wird zusätzlich ein massives Gebäude errichtet, das als „Gartenhaus“ am 1. September 1962 eingeweiht wird.

Anfang 2005 wird die Versorgungstätigkeit des 1974 gegründeten städtischen Krankenhauses in Apollensdorf-Nord eingestellt, die Mitarbeiter werden in das Krankenhaus Paul-Gerhardt-Stift aufgenommen.

2005 erfolgt die Gründung der Paul-Gerhardt-Poliklinik in Jessen, heute Medizinisches Versorgungszentrum Poliklinik Jessen.

Am 4. Oktober 2008, zum 125-jährigen Gründungsjubiläum des Evangelischen Krankenhauses Paul Gerhardt Stift, wird ein weiterer Bauabschnitt eingeweiht. Am selben Tag wird in der Schlosskirche zu Wittenberg im Beisein des Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Herrn Prof. Dr. W. Böhmer, der Zusammenschluss der Paul-Gerhardt-Stiftung, Lutherstadt Wittenberg, und des Vereins zur Errichtung Evangelischer Krankenhäuser e.V., Berlin, feierlich begangen. 

Seit dem 1.7.2009 trägt der Verein zur Errichtung Evangelischer Krankenhäuser den neuen Namen Paul Gerhardt Diakonie e.V., Berlin und Wittenberg.

Im Jahr 2013 feiert das Evangelische Krankenhaus Paul Gerhardt Stift das 130-jährige Bestehen.

Quelle: Helmut Bräutigam, Heilen und Unheil. Zur Geschichte des Paul-Gerhardt-Stifts zwischen 1918 und 1945, Herausgegeben von der Paul-Gerhardt-Stiftung, 1. Auflage 2017

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